Regelungsbedarf für jugendeigene Medienproduktionen im Rahmen medienpädagogischer Maßnahmen

Eckpunkte Medienpädagogischer Arbeit

Jugendliche leben heute in einer Medienwelt. Sie nutzen Medien intensiv, um sich zu unterhalten, zu informieren oder zu orientieren, um individuelle und gesellschaftliche Aufgaben bewältigen zu können. Medien bieten für die genannten Bereiche viele Chancen, bergen aber auch erhebliche Risiken. Um diese Chancen und Risiken zu erkennen und um Medien souverän nutzen zu können, ist Medienkompetenz unabdingbar. Es ist unbestritten, dass alle Einrichtungen von Bildung und Erziehung, angefangen vom Kindergarten über Jugendarbeit und Schule, Hochschule und Erwachsenen-/Elternbildung, bis hin zu Archiven, Museen, Mediatheken und anderen Gedächtnisorganisationen, Medienpädagogik in ihre Aufgabenbereiche integrieren und zur Förderung und Ausbildung von Medienkompetenz beitragen müssen.

Als Methode einer handlungsorientierten Medienpädagogik hat sich die aktive Medienarbeit etabliert. Das eigene, produktive und kreative Gestalten von Medien (Audio, Film/Video, Multimedia) hat sich als besonders effektive Methode der Förderung von Medienkompetenz bewährt. Hier lernen Heranwachsende, Medien als Mittel der Kommunikation und Interaktion zu gebrauchen. Mit Hilfe von Medien können sie ihre Themen bearbeiten und ihre Positionen, Anliegen, Meinungen, Befindlichkeiten usw. öffentlich artikulieren. Sie lernen dabei die Gestaltungsmittel und Manipulationsmöglichkeiten der einzelnen Medien kennen, sie schauen bei der Produktion ,hinter die Kulissen‘, lernen mediale Informationen zu recherchieren und zu bewerten und erfahren bei der Veröffentlichung ihrer Medienprodukte, wie die Zuhörerinnen und Zuhörer und die Zuschauerinnen und Zuschauer auf ihre medial präsentierten Aussagen reagieren. Heranwachsende haben damit die Chance, über aktive Medienarbeit eine kritische Distanz gegenüber kommerziellen Medienprodukten aufzubauen, Medien produktiv und kreativ für eigene Anliegen einzusetzen und insgesamt einen souveränen Umgang mit Medien zu erlangen.

Viele der medialen Produktionen Jugendlicher sind zugleich äußerst interessante Zeitdokumente, weil sie zeigen, mit welchen Themen und mit welchen Mitteln sich Jugendliche jeweils auseinandersetzen. Die Videoproduktionen, die in den letzten 25 Jahren entstanden sind – solange gibt es aktive Videoarbeit in größerem Umfang – sind ausgezeichnete jugendkulturelle und gesellschaftspolitische Dokumente dieser Zeit. Die medialen Produktionen Jugendlicher sind aber auch für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der Bildungs- und Erziehungsbereiche von großem Interesse, denn viele Produktionen lassen sich für die eigene Bildungsarbeit einsetzen oder motivieren dazu, in der eigenen Bildungsarbeit medienpädagogisch aktiv zu werden.

Während Jugendliche bei ihrer meist medienpädagogisch begleiteten Medienproduktion Bilder und Texte selbst produzieren, greifen sie bei der Untermalung ihrer Beiträge, insbesondere ihrer Videobeiträge (Spielfilme, Dokumentationen, Experimentalfilme etc.), aber auch mancher ihrer Multimediaproduktionen, auf urheberrechtlich geschützte Musikwerke zurück: Sie wählen entweder ihnen bekannte und passende Ausschnitte aus kommerziellen Musiktiteln, um ihren Bildern die notwendige Spannung zu verleihen, oder greifen ihre Lieblingsmusik auf und bebildern sie nach ihren Assoziationen (Musik-Clips). D.h. die Verwendung von kurzen Ausschnitten aus Musiktiteln ist die Regel bei den Filmen Jugendlicher. Bei diesen Medienproduktionen weisen medienpädagogische Institutionen jugendliche Produktionsgruppen seit langem auf die Urheberrechtsproblematik und die berechtigten Schutzinteressen der Autoren, Produzenten etc. hin.

Veröffentlichung und Bereitstellung der Produktionen

Medienpädagogik macht nur dann Sinn, wenn die Ergebnisse der Bemühungen auch ein Publikum bekommen. Motiviert, sich durch aktive Medienarbeit intensiv mit Medien zu befassen, sind Kinder und Jugendliche dann, wenn sie ihre Produktionen auch öffentlich zeigen können und eine Rückmeldung erhalten. Die Medienpädagogik versucht deshalb seit vielen Jahren, öffentliche Foren für die Präsentation kinder- und jugendeigener Medienprodukte zu schaffen und zu gestalten. Beispiele hierfür sind zahlreiche Kinder- und Jugendfilmfeste, bei denen die Produzentinnen oder Produzenten anwesend sind, sich gegenseitig Rückmeldungen auf ihre Produktionen geben und Erfahrungen austauschen können. Für Audioproduktionen gibt es entsprechend, aber in wesentlich geringerem Umfang, öffentliche Hörfestivals.

Urheberrechtliche Probleme

Alle genannten Aktivitäten sind aus medienpädagogischer Sicht sinnvoll und notwendig. Medienkompetenz als zentrale Schlüsselqualifikation ist für die Entwicklung einer zukunftsfähigen Gesellschaft unabdingbar. Durch aktive Medienarbeit mit Jugendlichen kann sie gezielt gefördert werden. Dies bestätigen auch die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz, die immer wieder auf die Notwendigkeit der Vermittlung von Medienkompetenz hinweisen. Da das Urheberrecht eine Schrankenregelung für nichtkommerzielle medienpädagogische Produktionen nicht kennt, stehen viele der medienpädagogischen Aktivitäten allerdings vor rechtlichen Hürden, da für sie die gleichen urheberrechtlichen Rahmenbedingungen wie für professionelle und kommerzielle Medienproduktionen gelten, obwohl sie nicht annähernd mit diesen vergleichbar sind.

Die Folge dieser Situation ist, dass mediale Beiträge von Kindern und Jugendlichen entweder nicht verbreitet werden können oder aber verbreitet werden, obwohl dies rechtlich nicht zulässig ist. Die berechtigten Interessen der Urheber und Leistungsschutzberechtigten sowie der medienpädagogische Bildungsauftrag stehen hier in einem unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht aufzulösenden Spannungsverhältnis.

Lösungsmöglichkeiten

Für die medienpädagogischen Einrichtungen besteht ein massives Interesse daran, ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in rechtlichem Rahmen ausüben zu können. Dazu muss auf der Grundlage des bestehenden Urheberrechts eine Lösung gefunden werden, die sowohl den berechtigten Interessen der Urheber und Leistungsschutzberechtigten Rechnung trägt wie auch das medienpädagogisch Notwendige zulässt. Als sinnvolle Lösung erscheint dabei der Abschluss von Rahmenverträgen zwischen Kultusministerkonferenz und den Verwertungsgesellschaften als den Vertretern der Urheber und Leistungsschutzberechtigten, die es den medienpädagogischen Einrichtungen erlauben, nichtkommerzielle Medienproduktionen von Kindern und Jugendlichen nicht nur herzustellen, sondern im Rahmen definierter „Plattformen“ – z.B. bestimmter Festivals und der Berichterstattung darüber, sonstiger pädagogischer Veranstaltungen oder Internetforen – auch öffentlich zugänglich zu machen. Die medienpädagogischen Einrichtungen verpflichten sich in diesem Zusammenhang, diese Produktionen systematisch zu erfassen, nachzuweisen und gegebenenfalls für die Einhaltung der zeitlichen und räumlichen Beschränkungen zu sorgen.

Netzwerk Mediatheken, Oktober 2008

Dieses Papier wird unterstützt von:

  • AG Medienzentren – Netzwerk der Medienzentren und -werkstätten in Deutschland und Österreich
  • GMK – Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur
  • GfM – Gesellschaft für Medienwissenschaft
  • KJF – Kinder- und Jugendfilmzentrum in Deutschland